
Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für sein Management der anhaltenden Wirtschaftskrise scharf kritisiert. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ bezeichnete Russwurm die Amtszeit der Ampel-Koalition als verschwenderisch: „Die letzten zwei Jahre sind vergeudet worden – auch wenn schon vorher einige Fehler gemacht wurden.“ Dennoch unterstrich Russwurm die Bedeutung der Ampelregierung als wichtiger Partner für den Branchendialog.
Russwurm hob hervor, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zwar regelmäßigen Kontakt zu den Wirtschaftsverbänden pflegten, Scholz aber oft vereinfachend mit den Worten zitiert werde: „Klagen sind das A und O der Kaufleute.“ Russwurm kommentierte: „Wenn unsere Analysen so abgetan werden, deutet das darauf hin, dass der Ernst der Lage im Kanzleramt nicht verstanden wird“, sagte er der Zeitung.
Die Popularität von Scholz ist in letzter Zeit auf einen historischen Tiefstand gesunken. Laut der jüngsten ARD-Deutschlandtrend-Umfrage vom Januar zeigten sich nur noch 19 Prozent der Befragten mit der Arbeit des Regierungschefs zufrieden. Das ist der niedrigste Wert für die Zustimmung zu einem Bundeskanzler seit Beginn der Umfragen im Jahr 1997, wie der Sender berichtet.
Russwurm führte die deutliche Wachstumsverlangsamung auf Versäumnisse in der Wirtschaftspolitik zurück. Deutschland verliere kontinuierlich Marktanteile an vergleichbare Länder und EU-Nachbarn.
In dem Interview forderte der BDI-Chef eine Diskussion darüber, welche Branchen Deutschland angesichts der sich verändernden globalen Rahmenbedingungen weiterhin unterstützen könne. „Wenn strategische Autonomie für uns Priorität hat, müssen wir anerkennen, dass sie ihren Preis hat und bereit sein, die höheren Kosten zu tragen“, betonte er. Russwurm prognostizierte, dass bestimmte Industrien, wie die Ammoniakproduktion, mittelfristig aus Deutschland verschwinden könnten.
von Johannes Krüger